6.4.3 Pneumatik Zeitglieder
Unter Zeitgliedern versteht man Bauteile die eine Weiterverarbeitung eines Drucksignales erst nach einer bestimmten Zeit ermöglichen.
Zeitverzögerungen treten in der Pneumatik eigentlich immer auf, da die Druckfortpflanzungsgeschwindigkeit im Vergleich zu anderen Signalübertragungsvorgängen, wie z.B. in der Elektronik , relativ gering ist. Besonders lange Leitungen stellen Luftspeicher dar, und die Füll- bzw. Entleervorgänge können zu unangenehmen Verzögerungen führen.
Im Wesentlichen gibt es zwei Verzögerungsgliederarten, einerseits die Ansprechverzögerung und andererseits die Abfallverzögerung.
a) Ansprechverzögerung
Bild 6.23 - Aufbau und Verhalten einer Ansprechverzögerung
Über die verstellbare Drossel strömt Luft in den Behälter. Abhängig vom Volumen des Behälters und der Drosseleinstellung dauert es eine bestimmte Zeit, bis der Behälter gefüllt ist, und sich der Schaltdruck, der für die Betätigung des Ventiles notwendig ist aufgebaut hat. Dann schaltet das Ventil. Wird nun das Signal am Eingang der Zeitverzögerung gelöscht, so soll das Ventil sofort zurückschalten können, und nicht erst dann, wenn sich der Behälterdruck wieder abgebaut hat. Deswegen wird das Rückschlagventil, wie in der Zeichnung zu sehen ist, angeordnet. Wird das Rückschlagventil verkehrt eingebaut, so erreicht man eine Abfallverzögerung.
b) Abfallverzögerung
Bild 6.24 Aufbau und Verhalten einer Abfallverzögerung
Tritt in Bild 6.24 ein genügend hohes Drucksignal in die Verzögerungsschaltung ein, so schaltet das Ventil sofort durch. Wenn das Drucksignal erlischt, dann kann sich der Druck nur langsam abbauen, weil die Luft durch das Rückschalgventil behindert wird, und alleine über die Drossel zur Entlüftung gelangen kann.
Der Nachteil der oben gezeigten Schaltungen liegt darin, daß, wenn das 3/2 - Wegeventil ein Kolbenschieberventil ist, daß das Umschalten nur schleichend vorangeht. Daher setzt man einen pneumatischen Trigger, meist als Differenzdruckventil bezeichnet, ein. Die dazugehörende Schaltung ist in Bild 6.25 dargestellt.
Bild 6.25.pneumatischer Trigger - Differenzdruckventil
Das Differenzdruckventil schaltet erst dann um, wenn der sich langsam aufbauende Steuerdruck z.B. 60 % des Systemdruckes erreicht hat. Auf diese Weise wird das eigentlich zu schaltende Ventil sofort mit vollem Netzdruck beaufschlagt, und die langsame, schleichende Umschaltung vermieden.
Es gibt auch Zeitsteuerungen, wo die Behältergröße variiert werden kann, und somit Einfluß auf den Zeitparameter genommen wird.
Heute werden im allgemeinen Zeitventile verwendet, wo Behälter und Ventil in einer Baugruppe zusammengefaßt sind. Bei dieser Ausführungsform muß man auch zwischen Öffnern und Schließern unterscheiden, je nachdem ob der Ausgang Y des Ventiles beim Schalten mit Druck versorgt wird (Öffner) oder nicht ( Schließer ).
Hin und wieder findet man für den Typ Öffner die Bezeichnung Verzögerungsventil mit Sperruhestellung und für den Typ Schließer - Verzögerungsventil mit Durchflußruhestellung. Die erreichbaren Verzögerungszeiten liegen ohne Zusatzbehälter zwischen 0 und 30 Sekunden, die Genauigkeit dieser Bauelemente hängt im wesentlichen von der Qualität der Luft ab.
Es ergeben sich vier Möglichkeiten des Zeitgliederverhaltens:
Sie sind in Bild 6.26 als Schaltbilder vollständig, und beispielhaft als Prinzipskizzen dargestellt.
a) Ansprechverzögerter Öffner
b) Ansprechverzögerter Schließer
c) Abfallverzögerter Öffner
d) Abfallverzögerter Schließer
Bilder 6.26Vier Möglichkeiten der Bauarten von Verzögerungsschaltungen
Anwendungsbeispiele:
ad a) Verzögerungsventil mit Sperruhestellung - ansprechverzögert
Bild 6.27 Anwendungsmöglichkeit des Ansprechverzögerten Öffners
Nach Betätigung des Ventiles 1.2 schaltet das Hauptventil 1.1 um, und der doppeltwirkende Zylinder kann ausfahren. In seiner Endlage schaltet er das Ventil 1.3 und hält diesen Zustand solange, bis sich über die Zeitverzögerung genügend Druck aufgebaut hat, um das Hauptventil 1.1 in seine Ausgangslage zurückzuversetzen. Wichtig ist, daß das Ventil 1.2 zur Zeit der Rückschaltung durch die Zeitverzögerung nicht betätigt sein darf.
ad b) Verzögerungsventil mit Durchflußruhestellung - ansprechverzögert
Bild 6.28Ansprechverzögerter Schließer
Nach Betätigung des Ventiles 1.2 Schaltet das Hauptventil 1.1 um, und der Zylinder fährt aus. Nach Ablauf eines Zeitraumes, entlüftet das Verzögerunsventil die Steuerleitung Z, und wenn das System so abgestimmt ist, daß das Endlagenventil 1.3 nun geschaltet ist, kann der Zylinder jetzt umsteuern, d.h. der Zylinder fährt ein. Dies ist nur möglich, weil die Steuerleitung Z entlüftet ist. Wesentlich ist auch, daß über 1.2 solange Druck am Zeitglied vorhanden ist, daß dieses auch wirklich umschalten kann.
Eine weitere Anwendungsmöglichkeit von Zeitgliedern stellt der variable Taktgeber oder Multivibrator dar. Er kann entsprechend seines Schaltplanes in Bild 6.29 mit üblichen Verzögerungsgliedern aufgebaut werden, es gibt aber auch wieder Ventilkombinationen, wo die erforderlichen Bauteile in einem Block vereint sind. Angewendet wird der Multivibrator, wenn eine schnelle, hin und her gehende Bewegung durch einen Zylinder erzeugt werden soll.
Schaltplan variabler Taktgeber::
Bild 6.29Multivibrator
Anwendungsmöglichkeit:
Bild 6.30Anwendungsmöglichkeit eines Multivibrators
Entsprechend der Zeitverzögerungen der Ventile, die das Umschalten beim Ein- bzw. Ausfahren steuern ergeben sich unterschiedliche Zeitzyklen der Bewegung des Zylinders. Die Schaltvorgänge hängen von der Belastung,also vom Druck am Zylinder ab. Ermöglicht der Hauptschalter die Druckversorgung, dann fährt der Zylinder periodisch hin und her, solange, bis der Hauptschalter die Luftzufuhr unterbricht.
Angewendet werden solche Schaltungen bei Förderanlagen wie z.B. Rüttlern.
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